Am 20. Oktober stehen Grossratswahlen an. Wir stellen unsere Mitglieder vor, die dafür ins Rennen gehen, so wie dies an der letzten GV bestimmt wurde. Unsere Top-Empfehlungen sind Johannes Sieber und Michela Seggiani, gefolgt von Fleur Weibel und Raphael Fuhrer, die sich alle zur Wiederwahl stellen. Neu kandidieren Billy Ostertag und Malcolm Elmiger.

Johannes Sieber, GLP, Liste 10, Wahlkreis Kleinbasel

Johannes Sieber ist bestimmt der umtriebigste Grossrat, der sich für die Interessen von schwulen und anderen queeren Menschen in dieser Stadt einsetzt. Deshalb verursacht er auch an allen Ecken und Enden viel Arbeit, erinnert die Behörden an ihre Pflichten und Verantwortung, bleibt immer konsequent und nachhaltig seinen Themen treu. Nachdem er 15 Jahre mit GayBasel.org zivilgesellschaftlich engagiert war, stellte er sich auf die laufende Legislatur zur Wahl zur Verfügung und wurde auf Anhieb gewählt. In seiner ersten Grossrats-Session vor bald vier Jahren hat er auf den zu engen Fokus der kantonalen Gleichstellungsarbeit hingewiesen und eine Justierung auf queere Menschen gefordert. Mit seiner Motion für eine kantonale Gleichstellungsstrategie und seiner Anregung eines runden Tisches für LGBTIQ+-Anliegen hat er noch vor dessen Verabschiedung auf die nun aktuelle Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes eingewirkt. Beharrlich bringt er den Blickwinkel von queeren Männern* in den Gleichstellungsdiskurs ein und scheut dabei weder den Konflikt mit rechts-konservativen Männern, die die Thematik am liebsten unter den Tisch kehren möchten, noch die Auseinandersetzung mit linken Frauen, denen es teilweise unübersehbar Mühe bereitet, die Anliegen schwuler Männer* in der Gleichstellungspolitik zu berücksichtigen. Als einziger der hier aufgeführten bisherigen Grossrät:innen hat er im Gesetzgebungsprozess zur Revision des Basler Gleichstellungsgesetzes die Position der «habs queer basel» konsequent vertreten – bis in die Debatte im Grossen Rat hinein. Darum steht Johannes Sieber hier auch ganz oben in unserer Empfehlung.

Johannes kandidiert im Wahlkreis Kleinbasel für die die GLP (Liste 10).

Michela Seggiani, SP, Liste 5, Wahlkreis Kleinbasel

Unsere zweite Topfavoritin ist Michela Seggiani, die einzige lesbische Politikerin in dieser Stadt, die Sichtbarkeit als Ausdruck von Normalität lebt und zusammen mit Johannes Sieber zahlreiche queere politische Vorstösse mitgeprägt hat. Legendär ist ihr Einsatz für das Verbot der Konversionstherapie.

Im Gespräch betont Michela, dass sie Teil der Basler Bevölkerung ist, jeden Tag die Strasse benutzt und mit den Menschen redet. Sie brauche keinen Wahlkampf «auf der Strasse», weil sie die Sorgen und Nöte der Bevölkerung schon aus dem täglichen Leben kennt. Dann erzählt sie liebevoll von ihrem Vater, der aus der Toskana stammt, in der Schweiz die Hotelfachschule absolviert hatte und später Chef de Service im Hotel Euler war. Für Michela war es ein Akt der Emanzipation, als er diesen Posten aufgab, um mit einem Job in der Pharma mehr Zeit für seine Frau und Familie zu haben. So hat sie gelernt, was Wertvorstellungen sind und dass jeder für sich selbst definieren muss, was für ihn wichtig ist.

In der Politik hat sie an den Fällen von Christiane Brunner (1993) und Elisabeth Kopp (1988) früh erkannt, wie Frauen in der Politik «gefressen werden» und wollte trotz Interesse nicht in die Politik. 1989 kam der Aufstand und das Massaker auf dem Tian’anmen-Platz in Bejing, was sie realisieren liess, welche Privilegien wir in der Schweiz hinsichtlich politischem Mitsprachrecht geniessen, und so gelangte sie doch noch in die Politik und über einen Freund in die SP.

In der Partei lernte sie nicht erst als Vizepräsidentin, dass Politik auch immer mit Machtansprüchen zu tun hat und Abgrenzung manchmal sehr wichtig ist. Sie ist Realistin und hat erlebt, dass man sich immer wieder klar mit den eigenen Themen positionieren und behaupten muss. Gerade auch, wenn Themen wie LGBTIQ+ und Gleichstellung auf einmal «hipp» werden. «Mir ist es wichtig, an den Themen nachhaltig zu arbeiten und dranzubleiben, auch wenn es einmal ungemütlich wird.» Als sie 2008 zum ersten Mal für den Grossen Rat kandidierte, wurde ihr geraten, «Gleichstellung» lieber nicht als Kernthema zu nennen; das wirke abschreckend. Gleichwohl hat sie sich für den Schutz vor Diskriminierung und Unterdrucksetzung von Lehrpersonen eingesetzt.

Sie stellt sich zur Wiederwahl, um mit ihrer politischen Arbeit sowohl als Seconda wie als lesbische Frau einen Beitrag für eine bessere Gesellschaft zu leisten zu. Als Fraktionspräsidentin der SP hat sie immer parteiübergreifend gearbeitet, «denn Mehrheiten erzielt man nur durch Kooperation – nicht durch Abgrenzung», sagt Michela. Als Lesbe setzt sie sich für Sichtbarkeit ein, denn in ihrer Jugend gab es nur Hella von Sinnen, die in der Öffentlichkeit geoutet war, «und so wollte ich nicht werden», sagt sie. Sichtbarkeit gibt jungen queeren Menschen Orientierung und hilft zur Normalisierung in der Gesellschaft. «Es zeigt auch, wie vielfältig lesbische Frauen sind.»

Michela kandidiert im Wahlkreis Kleinbasel für die SP (Liste 5).

Fleur Weibel, GRÜNE und junges grünes Bündnis, Liste 43, Wahlkreis Kleinbasel

Fleur Weibel ist die dritte der bisherigen Grossrätinnen und Grossräte, die wir zur Wiederwahl empfehlen. Dazu meint sie:

«Zum ersten Mal politisch aktiv wurde ich 2004 im regionalen Abstimmungskomitee zum Partnerschaftsgesetz. Die Zeitung Volksstimme interviewte mich dazu, danach war ich gefühlt im ganzen Oberbaselbiet, wo ich aufgewachsen bin, geoutet. Für mein Studium zog ich nach Basel, war an vielen queeren Partys anzutreffen, oft auch in der Zischbar, wo ich einige Jahre arbeitete. Das Leben als lesbische Frau ist ein wichtiger Teil meiner Identität, es prägt meine Sicht auf die Welt und damit meine politische Arbeit, die ich seit 2021 im Grossen Rat mache. Bei der Ausarbeitung des neuen Basler Gleichstellungsgesetzes habe ich mich dafür eingesetzt, feministische und queere Anliegen zu vereinen, da diese für mich zusammengehören im Kampf gegen Diskriminierung. Aktuell fordere ich mit dem Vorstoss «zeitgemässe Informationen für alle Familien», dass der Kanton die Vielfalt von Familien anerkennt und anspricht: etwa lesbische Paare, die trotz Ehe für alle weiterhin ein Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen müssen oder Eltern von intergeschlechtlichen Kindern oder trans Jugendlichen, die Beratungsangebote brauchen. Diese Politik für ein queerfreundliches Basel möchte ich sehr gerne fortführen.»

Fleur Weibel kandidiert im Wahlkreis Kleinbasel für die GRÜNE Basel-Stadt und junges grünes bündnis (Liste 43).

Raphael Fuhrer, GRÜNE und junges grünes Bündnis, Liste 43, Wahlkreis Grossbasel West

Für die Wiederwahl empfehlen wir auch unser Mitglied Raphael Fuhrer, der über eine lange Liste parlamentarischer Vorstösse und langjährige parlamentarische Erfahrung verfügt. Über sich selbst sagt er: «Einer meiner ersten Vorstösse habe ich zusammen mit Nora Bertschi geschrieben. Jetzt wo, auch dank unseres Vorstosses von 2016, das neue und erweiterte Gleichstellungsgesetz in Kraft ist und der von Johannes geforderte Aktionsplan vorliegt, möchte ich mich diesen Themen wieder intensiver widmen. In der Zwischenzeit habe ich einen Vorstoss zu PACS und Verantwortungsgemeinschaft VGM hängig. Dass sämtliche Lebensformen abseits von Ehe und Konkubinat keine institutionalisierte Handhabe haben, ist total rückständig und stellt viele Menschen vor eigentlich unnötige Probleme. Die Themen waren, meiner Meinung nach, bisher bei Nora und Beat Jans in guten Händen. Jetzt, wo beide weg sind, und ich weder von RR Eymann (PACS und VGM werden vom JSD bearbeitet) noch von RR Cramer gross Sympathie für diese Themen spüre, möchte ich hier wieder genauer hinschauen. Und dabei ist mir der Austausch mit weiteren engagierten Menschen wie der habs wichtig.

Für Raphael war ein Grund, der habs queer basel beizutreten, die Äusserungen von RR Conradin Cramer (LDP), er wolle seine Fachstellen «überprüfen». Raphael findet, dass wir jetzt aufpassen müssen, dass die positive Dynamik nicht lahmgelegt wird. Es gibt noch viel zu tun.

Raphael kandidiert im Wahlkreis Grossbasel West für die GRÜNEN und junges grünes bündnis (Liste 43).

Billy Ostertag, LDP, Liste 3, Wahlkreis Kleinbasel

Billy Ostertag (keine), unser Vorstandsmitglied, kandidiert für die LDP (Liste 3) als Newcomer für den Grossen Rat. Billy will dabei erfahren, was politisch möglich ist, wie realistisch all die Wünsche und Erwartungen der Stimmbürger ans Parlament sind.

Es geht Billy darum, dass es nicht nur eine «richtige» Position gibt, die durchgesetzt werden muss, sondern darum, dass die optimale Schnittmenge der Ansprüche und Begehrlichkeiten gefunden werden. Dafür braucht es eine Abkehr vom konventionellen Blockdecken.

Ein weiterer Schwerpunkt Billys ist das Thema Sichtbarkeit. Queere Menschen sollen in der Wahrnehmung der Gesamtbevölkerung gleichbehandelt werden und wie andere nicht aus der Perspektive vorgefasster Meinungen. «Schliesslich», sagt Billy «haben alle Menschen Eigenheiten, über die nicht gesprochen wird.» Ziel sollte sein, dass mehr Akzeptanz für diese Eigenheiten jenseits einer fiktiven «Norm» entsteht. Billy will sich auf nationaler Ebene weiterhin für die Option eines dritten amtlichen Geschlechtseintrages einsetzen. Auf kantonaler Ebene will sich Billy bessere Beratungsangebote für trans und non-binäre Menschen und ihre Angehörigen einsetzen. Was die AHbB aufgeben musste, soll im Kanton an geeigneter Stelle institutionalisiert werden.

Nicht-Binarität ist ein Teil von Billy. Darauf möchte Billy nicht reduziert werden. Die caritative Tätigkeit bei der Schuldenberatung Plusminus ist auch ein wichtiges Element in Billys zivilgesellschaftlichem Engagement.

Billy kandidiert im Wahlkreis Kleinbasel für die LDP (Liste 3).

Malcom Elmiger, GRÜNE und junges grünes bündnis, Liste 43, Wahlkreis Kleinbasel

Unser jüngster Kandidat ist Malcolm Elmiger aus der Partei der Grünen. Er etablierte sich 2022 mit «Create Equality» und dem Runden Tisch, als die habs queer basel politisch nicht extrem aktiv war, und half damit wesentlich, dass die Revision des Basler Gleichstellungsgesetzes in der LGBTIQ+- breiter abgestürzt wurde. Auch hat er sich zum Schlagabtausch mit der linkskonservativen Frauenrechtlerin Margrith von Felten gestellt, sich also schon vor seiner Aspiration zum Grossrat um queere Themen verdient gemacht. Er sieht sich als Brückenbauer und Vermittler, will sich aber als Grossrat wie bereits Kollege Fuhrer für eine nachhaltige Stadtentwicklung einsetzen. Zudem will er, dass sich Basel durch mehr LGBTIQ+-Freundlichkeit dem Rainbow Cities Network anschliessen kann. Mehr über seine politischen Anliegen und Ziele findest Du hier:  https://www.malcolmelmiger.com.

Malcolm Elmiger kandidiert im Wahlkreis Kleinbasel für die GRÜNE Basel-Stadt und junges grünes bündnis (Liste 43).

Lucia Hunziker, LDP, Liste 3, Wahlkreis Grossbasel-West

Lucia Hunziker ist die wohl prominenteste offen lebende trans Frau Basels, die sich für soziale Gerechtigkeit und Inklusion einsetzt.

Als selbständige Unternehmerin ist es ihr wichtig, dass öffentliche Mittel verantwortungsvoll und nachhaltig genutzt werden – für sie ist ökonomische Nachhaltigkeit dabei stets eng mit ökologischer Verantwortung verknüpft. Darüber hinaus liegt ihr die Förderung von besseren Bildungsmöglichkeiten und der Aufbau einer offenen und toleranten Gesellschaft am Herzen, in der Vielfalt und Respekt selbstverständlich sind.

In den vergangenen Jahren hat Lucia Hunziker insbesondere durch ihren Einsatz für die Revision des Basler Gleichstellungsgesetzes dazu beigetragen, dass LGBTIQ+ Menschen nun vollständig rechtlich inkludiert sind. Schon 2020 machte sie mit ihrer Ausstellung „Queer durch Basel“ im Stadthaus auf das Thema Transidentität aufmerksam und setzte damit ein starkes Zeichen für mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz. Zudem beteiligte sie sich 2023 aktiv an der Kampagne „Stopp Gewalt an Frauen“, um auf das Thema häusliche Gewalt und den Schutz von Betroffenen aufmerksam zu machen.

Lucia Hunziker will im Grossen Rat von Basel nicht nur für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Gleichstellungsarbeit sorgen, sondern auch darauf achten, dass die neu geschaffenen gesetzlichen Vorgaben in allen kantonalen Departementen konsequent umgesetzt werden. Mit ihrer klaren Vision für eine gerechte und inklusive Gesellschaft tritt sie entschieden dafür ein, dass die Querschnittsaufgaben der Gleichstellungspolitik nachhaltig verankert bleiben und umgesetzt werden.